Aus der Luther-Bibel 1912
Und Gott der HERR sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; ich will ihm eine Gehilfin machen, die um ihn sei. Darum wird ein Mann Vater und Mutter
verlassen und an seinem Weibe hangen [hebr.: kleben], und sie werden sein ein Fleisch.
Agende der evangelischen Gemeinde zu Berlin von 1928
Nicht aufgenommen haben wir den Gedanken Eph. 5 23ff., weil wir den Vergleich* für fremd halten für unser deutsches Empfinden. Auch ist das nur auf die Frau
bezügliche Untertan weggelassen bzw. ersetzt, gleichfalls gemäß unsrem christlich-deutschen Ehegedanken. In diesem Sinn haben wir auch den biblischen Vorhandlungen nach dem Kolosserbrief und den
Petrusbriefen S. 240 und 245 für „Untertan“ „zugetan“ ersetzt.
*das Einssein wird mit Bildern vom Weinstock und den Reben …von der Ehe zwischen Christus und den Gläubigen gefasst (Eph. 5 23ff.)
Ich konnte bisher leider keine früheren oder weiteren Aufzeichnungen finden, entnehme der Wortwahl allerdings, dass die Textzeile im Trauspruch: „… wirst du ihm
Untertan sein, …“ 1928 erstmals getilgt wurde, jedenfalls in der Berliner Gemeinde. (Unterstelle Berlin außerdem in meinem Lokalpatriotismus erstrahlend eine Vorreiterposition!)
Demnach also sei die Frau dem Manne zugetan. Nicht die schlechteste Voraussetzung für den Bund der Ehe!
Ich hatte diese Untertan-Klausel im Trauspruch bisher völlig außen vorgelassen, wohl denn, da ich sie schlichtweg verdrängt hatte. Umso mehr grüble ich derzeit, wie
sich das mit meiner blaubestrumpften Heldin vereinbaren lässt. Die Texte lieferten mir zum Glück Antworten … Ich fand Anregungen für meine Antworten in der Bibel!
Im Epheser 5,23 ff. heißt es da: »So wie Christus die Gemeinde geliebt und sich für sie hingegeben hat«, so sollen auch die Männer ihre eigenen Frauen
lieben (Epheser 5,25). Jesus hat seine Gemeinde gleichwertig geliebt und respektiert – er ging die Liebesbeziehung zu Maria-Magdalena nicht ein, da er sie mehr geliebt hätte, als die übrigen
Menschen, was seinem Gerechtigkeitsgefühl widerstrebte. (Das hab ich mir vor langer Zeit jedenfalls so angelesen.)
Der Mann galt als Haupt, die Frau unterlag seinem Schutz. Ein Missbrauch des Hauptseins, etwa zur Misshandlung oder Unterdrückung, gilt als ausgeschlossen. Ein
solches Verhalten würde der Liebe Christi völlig widersprechen. Die fürsorgende Liebe des Mannes zu seiner Frau geht mit deren dankbarer und freiwilliger Unterordnung gegenüber ihrem
Ehemann einher (Epheser 5,23) zum Segen für beide, ihrer Kinder und der Gemeinde.
Demnach obliegt der Frau die Freiheit dem Mann seinen guten Willen zuzutrauen. Ist er in der Lage sie zu führen und zu schützen, ist es an ihr, die Verantwortung
abzugeben – sie muss aber nicht. Zuallererst ist sie seine Gehilfin, d.h. gleichwertig und weisungsbefugt. Jedenfalls lege ich das jetzt so aus und wie oben zu sehen, ist ALLES
Auslegungssache!
Das geht nämlich mit meinen ursprünglichen Denkansätzen für die Glaubensfragen in meinem Roman konform bzw. mit dem inneren und äußeren Konflikt meiner sich
liebenden und respektierenden Helden, die um 1912 eine gleichberechtigte Ehe beginnen.
PS. Ich gebe es zu: Momentan schreibe ich mehr übers Schreiben, als tatsächlich zu schreiben ...